Freitag, 12. Mai 2017

Allein Sein oder Ich-Zeit

Viele von uns haben mit dem Alleinsein ein Problem. Oftmals wachsen wir innerhalb einer Familie auf, ziehen anschließend in eine WG und darauf mit unserem Partner zusammen. Wir treffen uns nach der Arbeit mit Freunden, unternehmen was mit Familie und Bekannten und kommen selbst im Moment allein mit uns dank TV, Radio, Laptop, Medien und Smartphone auch nur noch selten zur vollkommenen Ruhe und Stille.

Ich selbst bin mit 15 Jahren ausgezogen. Nicht, weil es zuhause Stress gab, sondern weil ich die Freiheit schnuppern wollte. Ich lebte mit meinen Eltern und Geschwistern auf dem Land und war für alle Unternehmungen auf den Bus oder den Taxiservice meiner lieben Eltern angewiesen. Ausziehen war für mich ein Schritt hin zur Unabhängigkeit. Auch wenn ich ihn erst zur Beruhigung meiner Eltern gemeinsam mit einer Freundin bestritt. Diese WG war ein Kompromiss, im Nachhinein vielleicht auch nur eine Möglichkeit, meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich schon alleine für mich sorgen kann. (Bis ich natürlich voll und ganz für mich sorgen konnte, dauert noch seine Zeit und meine Eltern halfen mir liebevoll und in jeder Situation. )
Nach 10 Monaten lösten wir die WG auf und jeder zog in seine eigene Wohnung. Das war für mich ein unglaublich schönes Gefühl, vor allem, weil ich wirklich kein Mensch bin, der in einer WG glücklich sein kann. Ich brauche meine Ruhe und eine Möglichkeit, mich komplett zurückzuziehen und nur für mich zu sein.

Doch woher kam dieser Zwang, dass ich unbedingt allein, unabhängig, frei und autark sein wollte? Ich weiß es nicht. Oft kommen mir Gedanken, dass es mir auch gut getan hätte, wäre ich noch ein wenig im warmen Schoß des Elternhauses geblieben und es hätte genießen können, so viele liebe Menschen um mich herum zu haben und mit ihnen gemeinsam zu leben. Jedes Mal und spätestens dann, wenn wir gemeinsam in den Urlaub fahren, fällt mir immer wieder auf, wie wunderbar unsere Familie ist und wie dankbar ich sein kann, dass ich mir sie ausgesucht habe.

Ich bin bis heute froh, wenn ich Zeit für mich habe. In meinen ersten Beziehungen war ich eine unglaubliche Klette. Ich kann nur ahnen, dass es damals an den Allgemeinumständen lag, warum ich so klammerte. Heute bin ich ganz anders. Und ich habe verstanden, welches Geschenk es ist, mit sich selbst zufrieden sein zu können. Es auszuhalten, wie es ist, nur mit sich selbst zu sein und sich nicht verstecken zu müssen mit Ausreden und Vorwänden, um einfach nur allein zu sein. Ich erkenne, dass es einfach ein Teil meiner Persönlichkeit und völlig okay ist, nicht immer auf alle Partys zu gehen, zu feiern bis man nicht mehr weiß, wo oben und unten ist, sondern lieber den Moment mit sich selbst zu genießen.
Am liebsten zelebriere ich diese Momente, in denen ich mich lecker bekoche und ein romantisches Candle-Light-Diner mit mir selbst vereinbare, eine tolle Meditation und ein Date mit meinem Kissen mache. Ein wenig Beauty und Wellness, ein schöner Film, ein klanghafter Soundtrack oder ein fesselndes Buch - sicherlich findet jeder etwas, dass ihn glücklich macht. Die Königsdisziplin ist natürlich Zeit mit sich selbst in der Stille. Der Moment, in dem man mit sich selbst ins Gericht gehen muss. Aber auch das "muss" kann man getrost in ein "kann" verwandeln. Denn oft tut uns Stille gut, auch ohne, dass wir uns selbst begegnen und auseinander setzen müssen. Glaubt mir, man kann das trainieren.
Das Ego, das in diesem Momenten immer sehr laut wird, kann auch gern angehört werden. Man kann ihm aber auch liebevoll sagen, dass man einen Moment Ruhe braucht, aber ihm gern im Anschluss wieder Gehör schenkt, nach dem diese Ich-Zeit und Ruhe genießen konnte.

Als Mutter ist es natürlich nochmal schwieriger, diese Momente für sich zu finden. Zum einen scheint es fast unmöglich, im Alltag einen Moment der Ruhe zu finden und wenn die Kinder mal endlich im Bett sind, stehen sicherlich noch einige andere Aufgaben auf der To-Do-Liste, die man eher erledigt als dass man sich hinsetzt, zurückzieht und meditiert. Und zum Anderen ist da das schlechte Gewissen. Viele Mütter verkennen, dass es entgegen der gemeinläufigen Annahme nämlich allen Familienmitglieder zu Gute kommt, wenn Mama ausgeglichen, aufgetankt und im Reinen mit sich selbst ist.

Daher möchte ich dich dazu einladen, mal zu schauen, wann und wie du dir deine Inseln schaffen kannst. Vielleicht kannst du ein wenig an deinem Zeitmanagement schrauben und dir so ein paar Minuten täglich dazu frei räumen, zu meditieren, spazieren zu gehen, zu lesen oder was auch immer dich glücklich macht. Oder bitte deinen Partner, Freundinnen oder andere Familienmitglieder Aufgaben zu übernehmen und gib ab. Vor allem gib das Gefühl ab, eine schlechte Mutter, Frau oder Partnerin zu sein, nur weil du etwas für dich tun möchtest. Das ist keineswegs egoistisch, sondern dient dazu, dass du immer noch du sein kannst und deine neue Rolle als Mutter dich nicht vollends auffrisst. Du bist immer noch ein Individuum und wenn dir das dein Ego in einer Meditation flüstert, nimm es an.
Die Entscheidung Mutter zu werden, ist so enorm unegoistisch, dass man sich jetzt ohne schlechtes Gewissen Zeit für sich nehmen kann (und ehrlich gesagt auch muss).

Über das Meditieren und die positiven Aspekte könnt ihr hier nachlesen. Zusammengefasst schenkt dir das Meditieren unglaubliche Kraft, inneren Frieden und eine wunderbare Verbindung zu dir selbst und zum Universum (dem Göttlichen oder wie auch immer du das nennen möchtest). Es füllt die Energiereserven auf, lässt dich durchatmen und zur Ruhe kommen, hilft deiner Gesundheit und deinem Wohlbefinden, schenkt dir Selbstvertrauen und gibt dir auch die Möglichkeit, mal außerhalb von Babysprache, -liedern und -spielen einen Raum für deine eigenen Gedanken zu schaffen. Und ganz ehrlich, das kann nie schaden, wenn man mal Gedanken an das Baby für einen Moment pausieren lässt.

Meditieren heißt übrigens nicht still sitzen. Es kann auch spazieren gehen heißen, laufen, schwimmen oder einfach liegen und seinen Atem beobachten.
Und falls dir das schwer fällt, dann beginne damit, dass du dir etwas suchst, was dir Spaß macht und dir einen Energieschub gibt, Freude in dir auslöst und ein warmes, wohliges Gefühl in dir hinterlässt.

Ein paar Ideen findest du hier:


  • Wie gesagt, wenn du kannst, meditiere so oft du kannst, auch wenn es nur für ein paar Minuten am Tag ist
  • Lese ein gutes Buch
  • Lausche deinen Lieblingssongs
  • Gönne dir ein Bad, einen Wellnesstag, eine Massage, eine Pedi- oder Maniküre, ein neues Shampoo oder Duschgel, verwöhne dich mit Make-up oder einem Peeling - was immer dir gut tut und was du schon lange nicht mehr gemacht hast
  • schaue einen Film oder ein paar Folgen deiner Lieblingsserie
  • Bewege dich: Yoga, Pilates, Laufen, Schwimmen, Radfahren - whatever motivates you, makes you stronger! 
  • Koche dein Lieblingsessen oder gehe allein in dein Lieblingsrestaurant. Wenn der Schritt zu groß ist, beginne damit, allein einen Kaffee trinken zu gehen 
  • Sauna, Solarium, Sonnenbad oder eine warme Decke und einen Tee - über die Wärme sammelst du auch wieder viel Energie
  • und natürlich das gute alte Hobby: Handarbeit, Musizieren, Schreiben, was auch immer dich glücklich macht, das solltest du nicht wegen eines Partners oder deiner Kinder vernachlässigen! 

Das sind natürlich nur ein paar Ideen - ich bin mir sicher, dass dir genau das einfällt, was für dich gut ist! Denk dran: nur mit voller Power haben deine Kinder auch im Alltag ihre Supermum! Du kannst nur dann ein Vorbild sein, wenn du deinen Kindern zeigst, wie wichtig es ist, zu wissen, was einen selbst glücklich macht und das man nur selbst dafür verantwortlich ist. Und zu guter Letzt: setze dich mit deiner Zeit für dich nicht unter Druck! Es soll genau das Gegenteil bewirken und dich erden und mit Liebe füllen. Wie mit allem, woran wir scheitern können, solltest du dir hier mit Liebe begegnen. Babysteps lautet das Zauberwort, und du wirst sicherlich auch deinen Weg finden, deine Ich-Zeit zu leben und zu lieben. 
Dafür wünsche ich dir alles Gute und freue mich in den Kommentaren zu hören, wie es euch dabei ergangen ist.